Rede zum Haushalt 2021

AnkerSehr geehrter Herr Oberbürgermeister Langner,
sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Mohrs,
sehr geehrte Frau Beigeordnete Scholz,
sehr geehrter Herr Beigeordneter Flöck,
die FDP-Fraktion wird dem vorliegenden Haushalt zustimmen.

Zunächst möchte ich im Namen unserer Fraktion der gesamten Stadtspitze, allen Mitarbeitern der Verwaltung und auch allen Mitgliedern des Rates der Stadt Koblenz für ihr Engagement bedanken. Ich bin Neuling im Rat und konnte somit in den vergangenen 18 Monaten erstmals einen Blick hinter die Kulissen der Stadt Koblenz werfen.

Ich stelle fest, dass wir über eine engagierte und in den jeweiligen Bereichen sehr fachkundige Stadtspitze verfügen. Gleiches gilt für die Mitarbeiter der Verwaltung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir befinden und derzeit in der größten Krise, die unser Land nach dem 2. Weltkrieg überstehen muss. Die Politik hat versucht, unser Land mit Augenmaß durch die Krise zu steuern. Dies ist bislang – mit Ausnahme der Defizite bei der Beschaffung von Impfstoffen – besser gelungen als in vielen anderen Ländern.

Für alle Kommunen geht die Pandemie mit erheblichen Rückgängen im Bereich der Gewerbesteuer einher. Dies bedeutet, dass wir im kommenden Jahr und wohl auch im übernächsten Jahr den Gürtel enger schnallen müssen. In den vergangenen Jahren konnten wir aus übersprudelnden Steuerquellen aus dem Vollen schöpfen. Dies ist nun vorbei.

Ich betrachte als unsere Aufgabe, der Bevölkerung zu vermitteln, dass wir jetzt in einer Zeit leben, in der wir nicht mehr alle an die Kommunalpolitik herangetragenen Wünsche erfüllen können. Wir sind der Überzeugung, dass die Bürger dies auch einsehen. Uns geht es letztlich nicht anders, als jedem privaten Haushalt, dessen Einnahmen zurückgehen.

Wenn es Ziel ist, die Grund- und die Gewerbesteuer zur Schonung von Gewerbebetrieben und der Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit von Koblenz als Wirtschaftsstandort nicht zu erhöhen, müssen wir uns die nächste Zeit in Ausgabendisziplin üben.

Die fortschreitende Digitalisierung der Verwaltung müssen wir nutzen, um Personalkosten auf allen Ebenen einzusparen. Auf diesem Weg müssen wir voranschreiten.

Dabei müssen wir auch selbstkritisch auf uns selbst schauen. Wir selbst, wie auch die Bundes- und Landespolitik sind es, die eine ausufernde Bürokratie mit einem immer höheren  Stellenaufkommen  zu verantworten haben. Laufend schaffen wir Stellen für Beauftragte in den verschiedensten Lebensbereichen; All dies führt zu Bürokratie und zu Mehrkosten. 

Gerade diejenigen, die der Stadt in den Haushaltsberatungen eine unverantwortliche Ausweitung der Personalkosten vorwerfen, haben in Mainz beschlossen, im Ausbaubeitragsrecht die wiederkehrenden Beiträge einzuführen. Diese Umstellung ist rechtlich – dies werden wir in den nächsten Jahren sehen – rechtlich sehr problematisch; hinzu kommt nun, dass wir den Bürgern in den verschiedenen Abrechnungsgebieten jährlich zehntausende Bescheide zustellen müssen.

Nachdem nun bereits acht Bundesländer die Ausbaubeiträge abgeschafft haben, ist dies in Rheinland-Pfalz nicht geschehen. Die im Stellenplan vorgesehenen drei Planstellen zur Bearbeitung der wiederkehrenden Beiträge werden – so meine Vorhersage – nicht ausreichen, den weitaus höheren Verwaltungsaufwand zu bewältigen. Hätten wir wie viele andere Bundesländer die Ausbaubeiträge abgeschafft, wären einige der 7 Planstellen weggefallen und wir hätten darüber hinaus keine neuen Stellen einplanen müssen. Ich kann somit die Kritik der Grünen an der Stadtspitze nicht nachvollziehen. Sie selbst haben maßgebend in Mainz für die ausufernde Bürokratie gesorgt. Um so erfreulicher ist es, dass sich die FDP und die CDU in ihren Landtagswahlprogrammen die sofortige Abschaffung der Ausbaubeiträge auf die Fahnen geschrieben haben. Dies wäre ein toller Beitrag zur Entbürokratisierung und Kosteneinsparung,

Die Bemühungen zur Herstellung eines attraktiven ÖPNV werden von uns ungeachtet der damit einhergehenden Kosten unterstützt. Auch die Verbesserung des Radwegesystems findet grundsätzlich unsere Zustimmung.

Aber hier gilt es, mit Augenmaß vorgehen. Als Kommune dürfen wir nicht den Fehler machen, die Vorstellungen einer Bevölkerungsmehrheit zur individuellen Mobilität einfach zu missachten. Koblenz war noch nie eine klassische Fahrradstadt wie etwa Münster und wird es auch aufgrund seiner topografischen Gegebenheiten nicht werden. Die Anlegung der Fahrradwege auf dem Berliner Ring auf dem Stadtteil Karthause mag dazu gedient haben, das Parken von Lkws zu verhindern. Die Fahrradwege selbst werden von der Bevölkerung nicht in Anspruch genommen.

Wir müssen in diesem Bereich behutsam vorgehen, denn die radikale Umsetzung vieler grüner Vorstellungen zur Fahrradmobilität wird auch die Verödung der Innenstadt weiter vorantreiben. Koblenz ist aber ein Oberzentrum mit einem Einzugsgebiet von mindestens 600.000 Menschen. Wir verfügen aber nicht – wie etwa die Metropolregion Köln/Bonn über einen leistungsstarken öffentlichen Personennahverkehr mit S- und U-Bahn. Die Menschen aus dem Umland werden Koblenz weiter mit dem PKW ansteuern, viele bald elektrisch, aber halt mit dem Auto. Hierauf müssen wir achten, insbesondere mit Blick auf den innerstädtischen Handel. 

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann Ihnen aus meiner Tätigkeit als Anwalt im Immobilienrecht versichern, dass die Gewerberaummieten in guten Innenstadtlagen – auch in der Löhrstraße – derzeit geradezu kollabieren. Bei Neuvermietungen werden oft nur ein Drittel der Vormiete erzielt. Der städtische Einzelhandel wird vom Online-Handel und den Fachmärkten auf der grünen Wiese bedroht. Wir dürfen es nicht zulassen, dass wir die Erreichbarkeit der Innenstadt mit dem PKW so einschränken, dass sich nur noch Amazon und die Fachmärkte im Gewerbegebiet Mülheim-Kärlich die Hände reiben. Hier ist aus unserer Sicht mehr Augenmaß angezeigt, das wir bei vielen überzogenen Vorschlägen der grünen Fraktion nicht erkennen können.

Ich möchte noch kurz auf die Situation beim Gemeinschaftsklinikum eingehen. Die Diskussion der zurückliegenden 1 ½ Jahre hat mir bestätigt: Die langjährigen Bemühungen zur Schaffung eines erfolgreichen Gemeinschaftsklinikums in der geplanten Struktur sind gescheitert. Das Gemeinschaftsklinikum ist in seiner derzeitigen Struktur nicht überlebensfähig und wird zu einem Fass ohne Boden für den Haushalt der Stadt Koblenz.

Das Bemühen vieler im Rat vertretenen Fraktionen zur Beibehaltung der kommunalen Trägerschaft ist für uns nicht nachvollziehbar. Auch bei einer Privatisierung des Krankenhausbereiches wird jede Arbeitskraft gebraucht. Mit der Sana AG haben wir einen leistungsstarken Partner. Dabei möchte ich gar nicht den Slogan „Privat vor Staat“ heranziehen. Denn dazu ist das Thema zu sensibel. Wer sich aber mit der Krankenhauslandschaft in Deutschland beschäftigt, weiß, dass die kleinen Krankenhäuser als Vollversorger auf Dauer nicht überlebensfähig sind. Heute stand es noch in der RZ zu lesen.

Eine Umstrukturierung ist unabdingbar. Hier sollte man insbesondere im Hinblick auf die angestrebte Ein-Standortlösung und die damit einhergehenden Kosten mit der Sana AG  zusammenwirken und sich deren Fachkompetenz zu Nutze machen. Die Sana AG genießt auch in den höchsten Kreisen der Landesregierung einen hervorragenden Ruf als seriöser privater Krankenhausbetreiber.

Für die notwendige Neustrukturierung werden sowohl in Geschäftsführung, wie auch in den Aufsichtsgremien Profis mit herausragender Sachkompetenz benötigt. Und deswegen setzen wir uns zumindest für eine Teil-Privatisierung ein. Dies bedeutet ja nicht, dass wir unseren Einfluss in den Aufsichtsgremien vollständig aufgeben.

Ein abschließendes Wort noch zur Entwicklung von Koblenz als Universitätsstadt: Hier sollten wir Abschied nehmen von unrealistischen Träumen zur Einrichtung einer juristischen oder medizinischen Fakultät. Das wird bereits aus Kostengründen nicht möglich sein und ist vor dem Hintergrund der umliegenden Universitätslandschaft auch nicht notwendig.  

Stark sind wir im Bereich der Informatik: Diese Stärke müssen wir unbedingt nutzen, um die Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft voranzutreiben. Mit der Compugroup, 1&1 und der EPG-Group verfügen wir in Koblenz und der Region über namhafte IT-Unternehmen, die händeringend nach Arbeitskräften suchen und vor allem gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen. Hier müssen wir ansetzen. Vorbild ist für mich die Wissenschaftsregion Jena, neben Koblenz die einzige deutsche Schwarmstadt im der Kategorie der Städte mit rund 100.000 Einwohner. Hier ist die Vernetzung von Wirtschaft und Forschung schon stärker vorangeschritten. Koblenz hat das Zeug zu einem attraktiven Hochschulstandort mit „Wohlfühl-Garantie“. Hieran müssen wir weiter arbeiten und finanzielle Mittel einsetzen. Dies ist dann gut investiertes Geld.

Zum: Wohnungsmarkt. Die Durchschnittsmiete beläuft sich nach dem neuen Mietspiegel auf 7,23 €/m². Dies ist moderat. Probleme bereiten allerdings die hohen Kosten für Neubauten, die in den vergangenen fünf Jahren um rund 30% gestiegen sind. Dies treibt auch die Mieten für neue Immobilien. Allerdings ergibt sich aus unserer Sicht eine leichte Entspannung auf dem Wohnungsmarkt. Ausweislich des Wohnungsmarktberichts der Statistik-Stelle hat sich die Zahl der Mieterinsertionen stark erhöht. Dies ein Indiz für eine Entspannung. Zudem hat Koblenz im Vergleich zu 2019 immerhin 600 Einwohner verloren.

Sehr grosse Probleme bereitet aber die Preisentwicklung bei den Eigenheimen. Hier ist der Markt völlig aus dem Ruder gelaufen. Dem kann nur durch die Ausweisung von Bauland entgegengewirkt werden.

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit!

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